Die Ministerin erwartet ein umfangreiches Programm, das Besuche in Hörnum, Tinnum und List beinhaltet. Sehen wird Sütterlin-Waack unter anderem die ehemalige Hörnumer Grundschule, die derzeit als „Oceancamp“ für die ganzheitliche Bildung von Jugendlichen genutzt wird. Dort wird die Ministerin aus erster Hand über das Potenzial, Nöte und mögliche Gefahren der Entwicklung Hörnums erfahren. Auch das Investorenprojekt „Hörnum Nord“ soll ein Thema werden.
Bei einem Stopp in Tinnum geht es um Dauerwohnraum für die Bevölkerungsgruppe der „Mittelgutverdiener“, wenn KLM-Chef Marcus Kopplin das vor zwei Jahren fertiggestellte Bauprojekt am Liiger Hörn präsentiert
In List sollen die Investoren-Projekte „Dünenpark“ und „Dünenkrone“ sowie den Abriss des „Alten Gasthofes“ besprochen werden.
Während in Hörnum und List die Merret-Organisatorinnen noch tatsächlich gewählte Bürgervertreter (Gemeindevertreter) als Gesprächspartner der Ministerin eingeladen haben, bleibt beim Besuch in der Gemeinde Sylt (Tinnum) die Selbstverwaltung ausgeschlossen.
Bei einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent kann man, wenn es einem um „die demokratische Kultur und sinnvolle Formen der Einwohnerbeteiligung“ geht, die Männer und Frauen, die sich ehrenamtlich um die Geschicke der Gemeinde kümmern, gern einmal ignorieren. Gemeindevertretungen scheinen, dieser Eindruck drängt sich beim Selbstverständnis von „Merret reicht`s“ auf, keine „sinnvolle Form der Einwohnerbeteiligung“ zu sein.
Es darf die ketzerische Frage erlaubt sein, mit welcher demokratischen Legitimation die einladenden Damen der Ministerin die „Sylter Verhältnisse“ darstellen wollen. Nach der Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein sind es unter anderem je nach Gemeindegröße die Bürgermeister(innen) oder die Bürgervorsteher(innen), die die demokratisch gewählten Gremien der Gemeinden repräsentieren. Während bei den Besuchen in Hörnum und List die demokratische Form noch gewahrt wird, werden in der Gemeinde Sylt mit dem KLM-Chef und am Abend mit Bürgermeister Häckel nur Spitzenbeamte als Gesprächspartner akzeptiert.
Bei der Stippvisite in der Gemeinde Sylt hätten Gemeindevertreter vielleicht vorgeschlagen, das Bauprojekt Westhedig der Ministerin zu präsentieren. Hier steht nicht die Bevölkerungsgruppe der „Mittelgutverdiener“, denen sich die „Merrets“ offensichtlich verbunden fühlen, im Mittelpunkt. In den modernen Neubauten entstehen geförderte Wohnungen für Menschen, die, obwohl sie durch ihre Arbeit das Funktionieren des Gemeinwesens erst ermöglichen, nicht zum wohlhabenden Segment der „Mittelgutverdiener“ gehören.
Natürlich ist es einfacher, einer Ministerin die Probleme einer Insel zu zeigen und Lösungen einzufordern, wenn man keine Verantwortung trägt und Forderungen aufstellen kann, die andere dann erfüllen müssen. Nur eine Forderung zu stellen, fällt leicht. Es bedeutet aber viel Arbeit, die nicht unbedingt vergügenungssteuerpflichtig ist, wenn man zum Beispiel Bebauungspläne so gestalten will, dass Dauerwohnraum nachhaltig geschützt wird.
Ob das Ignorieren und die Geringschätzung von Kommunalpolitik die demokratische Kultur fördert, kann bezweifelt werden. Wie soll man unter diesen Voraussetzungen Bürger zur Mitarbeit in einer Gemeinde motivieren? Peter Marnitz